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Pluckley - Englands Spukort Nr. 1

Pluckley gilt als der am meisten von Geistererscheinungen heimgesuchte Ort in ganz England.

 

Robert suchte ihn vor einigen Jahren auf, um für eine Geschichte zu recherchieren, die im Rahmen von "Gruseln im Grünen" vorgetragen werden sollte - einer Veranstaltung, die unter der Federführung von Uwe Voehl alljährlich in Bad Salzuflen in Lippe stattfindet.

 

Auch wenn es die Story mittlerweile zum Anhören beim HörmordKartell gibt, wurde sie bislang nicht im Print veröffentlicht.

 

Hier findet ihr die unlektorierte Urfassung der Geschichte und die Bilder dazu!

 

The Black Horse, Gerald Evans Unterkunft in Pluckley
The Black Horse, Gerald Evans Unterkunft in Pluckley

Der Mann in der Ecke

von Robert C. Marley

 

Als Gerald Evans die Schankstube des Black Horse Pubs in Pluckley betrat, war die Welt wieder in Ordnung. Im Kamin knisterte ein wärmendes Feuer und die Housemartins sangen Caravan of Love.

 

Vergessen war die anstrengende Fahrt durch den dichten Nebel, der für diese Gegend im Herbst so typisch ist, vergessen der Beinahezusammenstoß mit einem LKW, den er während der dummen Auseinandersetzung mit seiner zickigen Agentin fast verursacht hatte, weil er sich strikt weigerte zur Buchmesse nach Frankfurt zu kommen. Fast vergessen, die pochenden Kopfschmerzen.

 

Die blöde Gans! Wenn er hier fertig war, würde er sich eine neue Agentur suchen. Jemanden, der verstand, dass er nichts weiter wollte, als seine Bücher zu schreiben und in Ruhe seinen Recherchen nachzugehen. Die Buchmesse mit ihren Küsschen hier, Küsschen da, ach wie schön, Sie endlich mal kennen zu lernen Mätzchen war nichts für ihn. Da konnte er gut drauf verzichten.

 

Der Schankraum war dunkel und gemütlich
Der Schankraum war dunkel und gemütlich

 

Der Schankraum war dunkel und gemütlich. Und es war nicht sonderlich viel los. Zwei Männer in Arbeitsklamotten tranken Bier und eine rothaarige Frau Mitte Vierzig, die ein geblümtes Hauskleid trug, hatte einen Whiskey vor sich stehen. Auf einem Schemel in einer der Ecken saß ein älterer Herr, der eine bemerkenswerte Ähnlichkeit mit Peter Cushing, dem berühmten Schauspieler, hatte, und las Zeitung. Als Gerald hereinkam ließ er sie sinken und nickte ihm freundlich zu.

 

Gerald stellte seinen kleinen Reisetrolley und die Tasche mit der Ausrüstung ab und ging zur Bar hinüber.

 

„Sagen Sie mal, kenne ich Sie nicht?“, fragte einer der beiden Männer und stieß gleichzeitig seinen Trinkkumpan an. „Guck mal Ian, das ist doch dieser Mann aus dem Fernsehen. Dieser Geisterjäger. Der sind Sie doch, oder?“

 

Gerald musste unwillkürlich grinsen. Dann nickte er. „Ja, lässt sich wohl nicht leugnen. Der bin ich.“

 

„Ich bin Freddy“, sagte der Mann strahlend und hielt ihm eine breite, schwielige Hand hin. „Freddy Bowers. Und das hier ist Ian Dobkin. Ich halt ja nichts von dem ganzen Gespensterkram, aber Ian hier ist ein richtiger Fan davon. Hat schon mal ein Gespenst gesehen, drüben im Screaming Wood. Stimmt doch Ian, oder? Haben Sie schon mal welche gesehen, Mister Evans? Echte Geister, mein ich?“

 

„Ehrlich gesagt, im Augenblick fühle ich mich fast selbst wie ein Geist“, sagte Gerald. Seine Kopfschmerzen hatten sich wieder zurückgemeldet. „Ich glaube, ich brauche erstmal ein Bier.“

 

Wie aufs Stichwort kam die Bedienung aus der Küche hinter der Bar und der Mann, der Freddy hieß, rief: „Jenny, mach mal ein Pint hier für meinen Freund Mister Evans. Der aus dem Fernsehen, weißt schon.“

 

Die Bedienung war ein junges Mädchen, vielleicht zwanzig, höchstens fünfundzwanzig Jahre alt mit makelloser Haut, pechschwarzem Haar und wunderschönen grünen Augen. „Hallo, Mr. Evans“, sagte sie freundlich. „Sie haben das Gästezimmer für eine Woche reservieren lassen, nicht wahr? Ich richte es Ihnen gleich her. Tut mir leid, dass ich es noch nicht fertig habe, aber wir waren nicht sicher, ob Sie bei dem Nebel überhaupt kommen würden.“

 

„Macht nichts“, sagte er. „Ich bleibe einfach solange hier unten sitzen und betrinke mich ein bisschen, bis Sie es fertig haben.“ Und dann könnten Sie es eigentlich schon mal ein bisschen anwärmen, fügte er im Geiste hinzu.

 

„Und für uns beide auch noch eins“, sagte Freddy, als Jenny Gerald das Bierglas hinstellte. „Sie haben meine Frage nicht beantwortet, Mr. Evans.“

 

„Oh, tut mir leid. Wie lautete denn die Frage?“

 

„Ob Sie schon mal einen echten Geist gesehen haben.“

  

Der Hocker in der Ecke - Stammplatz des Geistes
Der Hocker in der Ecke - Stammplatz des Geistes

Oh ja, das hatte er. Seinen ersten Geist hatte Gerald Evans mit 23 gesehen. In einer Jugendherberge in Devon und bei hellem Tageslicht. Es war keine beängstigende oder gar erschreckende Begegnung gewesen, wie er es vielleicht erwartet hätte, sondern eher verwirrend und verstörend. Er war mit zwei Freunden unterwegs gewesen und sie alle hatten gerade ihre Taschen in dem Mehrbettzimmer abgestellt. Seine Freunde hatten das Zimmer bereits verlassen und Gerald stand am Waschbecken bei der Tür, um sich etwas frisch zu machen, als er in den Spiegel blickte und einen jungen Mann in Jeanshosen bemerkte, der am anderen Ende des Zimmers stand und gerade sein rotes Hemd zuknöpfte. Doch als Gerald sich umdrehte, um zum Handtuch zu greifen, das über dem Bettpfosten hing, war der Mann verschwunden. Von einer Sekunde auf die andere. Durch die Tür war er nicht hinausgegangen. Aber auch durch das Fenster konnte der Mann das Zimmer nicht verlassen haben. Denn es ließ sich gar nicht ganz öffnen. Seine Freunde hatten sich totgelacht, als er ihnen blass und verwirrt davon erzählte, und binnen Minuten war die Geschichte vom durchgeknallten Gerald, der ein Gespenst gesehen hatte, in der ganzen Herberge herum. Sie mochten lachen, soviel sie wollten, er wusste, dass das, was er gesehen hatte, keine Einbildung gewesen war.

 

Dieses Erlebnis in Devon stellte sich für Gerald Evans’ Karriere als richtungweisend heraus. Seither hatte er Spuk und Geister in Großbritannien wie kein zweiter erforscht und war ein profunder Kenner der Materie geworden. Viele Jahre lang war er Vorsitzender der Ghost Society of London gewesen und hatte drei Bücher geschrieben, die allesamt zu Bestsellern geworden waren: Die Geister Großbritanniens, Mehr Geister Großbritanniens und Noch mehr Geister Großbritanniens – trat regelmäßig im Fernsehen auf und hatte eine wöchentliche Radiosendung bei der BBC.

 

„Ja“, sagte Gerald. „Ich habe eine ganze Reihe echter Geister gesehen.“ Und er erzählte ihnen von einigen seiner Begegnungen. „Mir sind sogar ein paar ganz brauchbare Fotos und Filmaufnahmen gelungen.“

 

„Ich habe auch mal was gesehen“, sagte die rothaarige Frau, die sich als Rosie vorstellte und sich an ihrem Whiskeyglas festhielt. „Ein Kutsche. Mit Pferden und allem. Und Gaslampen an der Seite. Fährt an mir vorbei und löst sich dann plötzlich in Luft auf. Mitten auf der Hauptstraße.“

 

„Was immer es war, ich wette du hast es doppelt gesehen“, meinte Ian und lachte glucksend.

 

„Ach halt doch den Rand, alter Esel“, lallte sie in fast liebevollem Ton. „Du weißt genau, dass es solche Sachen gibt. Was ist mit dem vermummten Reiter, den du im Wald gesehen hast?“

 

Und von Gerald ermutigt, gab Ian seine Geistergeschichte vom Straßenräuber zum Besten, dessen Pferd aus dem Wald gekommen war und ohne das geringste Hufgeklapper die Straße überquert hatte, als würde es schweben. Freddy war der einzige von ihnen, der felsenfest davon überzeugt war, Geister gäbe es nicht. Sogar Jenny hatte merkwürdige Dinge im Pub beobachtet. Gegenstände, die sich wie von selbst bewegten oder Bilder, die in der Nacht ihre Plätze getauscht hatten.

 

Während der nächsten Stunden unterhielten sie sich weiter angeregt über Geister, Spuk und unerklärliche Phänomene. Gerald hatte schon lange keinen so amüsanten Abend mehr verbracht. Und es war weit nach Mitternacht, als er sich schließlich widerstrebend verabschiedete und todmüde ins Bett fiel.

 

Am folgenden Morgen gleich nach dem Frühstück sprach er eine Weile mit Jenny über Peter den Geist, der sich angeblich im Pub herumtrieb und immer wieder Möbel verrückte. Weshalb es, wie Jenny ihm versicherte, auch kein Pächter je länger als ein paar Monate, allerhöchstens ein Jahr im Black Horse aushielt.

  

St. Nicolas Church, Pluckley
St. Nicolas Church, Pluckley

Dann wanderte Gerald von Raum zu Raum und machte Fotos. Der Mann mit der Zeitung saß wieder auf dem Schemel in der Ecke. Er nickte Gerald freundlich zu, sprach aber kein Wort. Die Kamera schien ihn nicht zu stören. Jedenfalls erhob er keinerlei Einwände, als Gerald die Einrichtung des Schankraums fotografierte. An der Wand neben dem Kamin hing eine Karte des Ortes, auf der sämtliche Geister Pluckleys verzeichnet waren. Auch sie fotografierte er, ehe er sich seinen warmen Mantel anzog und zu einem ersten Spaziergang durch das Dorf aufbrach.

 

Der Herbst war seine Zeit.

 

Das Schreiben machte ihm Spaß aber noch mehr Vergnügen fand er an der Feldforschung. Sein nächstes Buch würde sich auf einen einzelnen Ort beschränken. Deshalb war er hierher nach Pluckley gekommen. Dieses kleine Dorf in Kent, das als das von Gespenstern am häufigsten heimgesuchte ganz Englands galt, hatte es wegen der Vielzahl seiner Spukphänomene sogar zu einem Eintrag ins Guinness-Buch der Weltrekorde gebracht. Ganze 36 Gespenster trieben hier angeblich ihr Unwesen, sodass Gerald während der folgenden Tage vollauf mit seinen Recherchen beschäftigt war. Nach und nach suchte er die vermeintlichen Spukorte des kleinen Weilers auf und machte sich Notizen.

  

Fright Corner - ein verwunschener Ort des Todes
Fright Corner - ein verwunschener Ort des Todes

Seine Erfahrung hatte ihm gezeigt, dass Geistererscheinungen sich nicht auf die Nachtstunden beschränkten. Im Gegenteil. Die meisten der von ihm auf Film und Tonband gebannten unerklärlichen Phänomene hatten sich bei Tage ereignet. Angefangen mit seiner ersten Begegnung in der Jugendherberge in Devon. Lediglich die St. Nicholas Church mit ihrem uralten Friedhof war für nächtlichen Spuk bekannt. Die Kirche lag in unmittelbarer Nähe des Pubs, sodass er sie auch ohne großen Aufwand in der zweiten Nacht besuchen konnte. Doch weder der Geisterhund noch die Rote Frau, die angeblich dort spukten, ließen sich blicken.

 

Unter anderem suchte Gerald Fright Corner auf, jene verwunschene Stelle am Bach, an der Berichten zufolge ein Wegelagerer umging, den vor zweihundert Jahren ein aufgebrachter Mob mit einem Schwert an den Stamm eines Baumes genagelt hatte. 

  

Dicky Buss' Lane - Tod eines Schulmeisters
Dicky Buss' Lane - Tod eines Schulmeisters

Und auch die namenlose schmale Gasse, die früher Dicky Buss’ Lane hieß, und in der ein Schulmeister kurz nach dem ersten Weltkrieg Selbstmord beging, indem er sich an einem Lorbeerbaum erhängte.

 

Während der ganzen Zeit seines Aufenthaltes in Pluckley ereignete sich jedoch nichts Ungewöhnliches. Abgesehen vielleicht davon, dass er die ganze Woche über kein Handynetz bekam. Aber das war völlig normal, wie ihm Ian und Freddy erklärten. Wer in einem Kaff wie Pluckley lebe, müsse sich von Handy und WLAN verabschieden, meinten sie, besonders im Herbst und bei diesem Wetter. Und im Grunde genoss er es, einmal nicht für alle und jeden erreichbar zu sein.

 

Allein der ältere Herr, der wie Peter Cushing aussah, kam Gerald von Tag zu Tag ungewöhnlicher vor. Stets saß er bereits auf dem Hocker in der Ecke und las in der Zeitung, wenn Gerald am Morgen zum Frühstück herunter kam oder am Abend von seinen Spaziergängen zurückkehrte. Niemand außer ihm schien überhaupt Notiz von dem Mann zu nehmen. Als Gerald vor etwa anderthalb Jahren auf der Durchreise einmal kurz im Black Horse eingekehrt war, hatte ihm der damalige Wirt erzählt, der Hocker in der Ecke bliebe stets frei, denn dies sei der Stammplatz des pubeigenen Gespenstes. Um den Geist milde zu stimmen, hatte man einen viktorianischen Penny auf die Sitzfläche gelegt. Und nun saß dort dieser zeitunglesende Gentleman. Entweder war die schöne Tradition in Vergessenheit geraten, oder aber …

 

Die Ecke
Die Ecke

 

 

Mehr als einmal war Gerald versucht, Freddy oder Ian zu fragen, ob sie den Mann in der Ecke denn auch sehen könnten, ließ es jedoch bleiben, weil er befürchtete sich lächerlich zu machen.

 

Der Tag der Abreise kam viel zu schnell. Am liebsten wäre Gerald für immer geblieben. Auch wenn es ihm in Pluckley nicht gelungen war, Gespenster vor die Linse zu bekommen, so hatte er doch einige sehr schöne Tage im Ort verbracht und Freundschaften geschlossen. Dies würde in jedem Fall nicht sein letzter Besuch in Pluckley sein. Ian, Freddy, Rosie und Jenny hatten ihn mit ihrer offenen und freundlichen Art ganz für sich eingenommen, und der Abschied fiel ihm sichtlich schwer.

 

Sie alle umarmten sich herzlich und schulterklopfend, und Gerald versprach, so bald wie möglich wiederzukommen. Als er draußen im Wagen saß und versuchte, sein streikendes Navi zu programmieren, musste er wieder an den Mann in der Ecke denken. Gerald hatte es aus irgendeinem Grund nicht gewagt, sich auch von ihm zu verabschieden, obwohl der Mann ihm wieder freundlich zugenickt hatte, als Gerald bereits mit seinen Taschen in der Tür stand.

 

Sollte er vielleicht noch einmal zurückgehen und sich vergewissern? Er verwarf den Gedanken schließlich und fuhr los.

 

Nach kaum einer Meile kam dichter Nebel auf und Gerald war gezwungen lange Zeit sehr langsam zu fahren. Ab und an tauchte ein Scheinwerferpaar vor ihm in der wabernden Dunkelheit auf, ein Wagen fuhr langsam vorbei und im Rückspiegel sah er die Bremsleuchten wie Irrlichter hinter ihm in der Finsternis verschwinden.

 

Er war vielleicht zehn Minuten gefahren, als er in einiger Entfernung die Umrisse eines Ortsschilds ausmachte. Doch erst, als es nur noch fünf Meter von ihm entfernt war, konnte er auch den Ortsnamen lesen.

 

Pluckley.

 

Es war wie ein Schock für ihn. Das war jetzt wirklich unheimlich. Was eine Woche in der am stärksten heimgesuchten Stadt Englands nicht vermocht hatte, traf ihn nun mit voller Wucht. Das Ortsschild hatte ihm einen Mordsschrecken eingejagt, und Gerald spürte, wie ihm ein eisiger Schauer über Rücken und Arme lief. Offenbar war er im Kreis gefahren, obwohl er sicher war, nirgends abgebogen zu sein. Er kam am Black Horse vorüber. Die Lampen über dem Eingang glommen schwach in den  Dunstschwaden des Nebels. Ohne es zu bemerken, war er auf der einen Seite aus dem Dorf hinaus und auf der anderen wieder hinein gefahren.

 

Er tippte ein paar Mal auf dem Touchscreen seines Navigationsgerätes herum, aber bis auf das nervtötendes Piepen tat sich nicht viel.

 

Kein GPS.

 

Gerald fuhr weiter, achtete darauf, nirgends abzubiegen und bildete sich schon ein, die Nebelwand würde dünner werden und er könne Häuserreihen dahinter erkennen, als er abermals dasselbe Ortsschild und kurz darauf wieder das Black Horse Pub passierte.

Nach drei Versuchen gab er auf und kehrte ins Pub zurück. Er hatte die Tür eben hinter sich geschlossen, als der Mann in der Ecke die Zeitung zusammenfaltete, aufstand und zu ihm herüber kam.

 

Peter Cushing 1913 - 1994
Peter Cushing 1913 - 1994

„Da sind Sie ja wieder, junger Freund“, sagt er zu Gerald. „Haben Sie es endlich eingesehen?“

 

„Was meinen Sie? Was eingesehen?“ Gerald war verstört. Das Verlangen, ein Bier zu trinken wurde übermächtig. „Sagen Sie – wer sind Sie?“

 

„Bitte entschuldigen Sie, dass ich mich nicht vorgestellt habe“, sagte der Mann mit einer leichten Verbeugung. „Mein Name ist Peter Cushing.“

 

Fast hätte Gerald vor Schreck laut losgelacht. Denn Peter Cushing war tot. Gestorben vor beinahe 20 Jahren. Er sah zur Bar hinüber, wo Ian und Freddy mit Jenny scherzten und sich lautstark zuprosteten. Hatte Jenny ihm nicht erzählt, der Geist des Pubs heiße Peter? Es stimmte also. Und er hatte es instinktiv die ganze Zeit über gewusst. Er war tatsächlich der einzige hier, der den Mann sehen konnte. Als Gerald sich wieder etwas gefangen hatte, sagte er: „Sie … Sie sind tot. Sie sind ein Geist.“

 

Cushing nickte. „Nichts hält einen guten Mann unten, sagt man nicht so?“

 

Gerald starrte ihn an. Da hatte er die deutlichste Geistererscheinung vor sich, die er jemals gesehen hatte, und seine Ausrüstung lag nutzlos draußen im Wagen. Plötzlich fielen ihm die Fotos ein, die er im Schankraum gemacht hatte. Auf einigen von ihnen musste auch der Mann in der Ecke zu sehen sein! Der Geisterjäger in ihm gewann wieder die Oberhand. „Verraten Sie mir eines, Mr. Cushing“, sagte er so ruhig wie möglich. „Warum kann ich Sie sehen, die anderen aber nicht?“

 

„Ich fürchte, in dem Punkt irren Sie sich, Gerald. Ich bin einfach nur gerne für mich.“ Der Mann lächelte nachsichtig. „Haben Sie sich nie gefragt, ob Ihre Seite des Spiegels wirklich die echte ist?“

 

Und damit hielt Cushing ihm die Zeitung hin, in der er schon die ganzen Tage gelesen hatte. Auf der Titelseite war ein völlig zerstörtes Autowrack zu sehen. Die Schlagzeile lautete: „Gerald Evans ist tot - Englands berühmtester Geisterjäger stirbt zwei Tage nach Frontalzusammenstoß“. Völlig fassungslos las er das Datum. Es war der Tag seiner Ankunft in Pluckley.

 

„Wie Jenny schon sagte, waren wir zunächst nicht sicher, ob Sie überhaupt kommen würden“, sagte Cushing und sah ihn traurig an. „Aber ich wünschte wirklich, Sie würden es diesmal einsehen, Gerald.“

 

 

Als Gerald Evans die Schankstube des Black Horse Pubs in Pluckley betrat, war die Welt wieder in Ordnung. Im Kamin knisterte ein wärmendes Feuer und die Housemartins sangen Caravan of Love …